SsangYong, der koreanische Allradspezialist mit dem markanten Zwillingsdrachen im Logo, ist nicht mehr. Seit das Unternehmen 1986 gegründet wurde, war die Firmengeschichte von stetem Wandel geprägt: In den 90er-Jahren war Ssang Yong von einer Kooperation mit Mercedes-Benz abhängig, bezog von den Stuttgartern Motoren und später komplette Modelle. Danach wurde die Marke 1998 vom koreanischen Hersteller Daewoo übernommen und drei Jahre später wieder abgestossen, gelangte in chinesischen Besitz und wurde schliesslich 2011 vom indischen Giganten Mahindra aus der Insolvenz gerettet.
Nach einer Reihe negativer Jahresergebnisse entschied sich der indische Konzern 2020, seinen 75-Prozent-Anteil zu veräussern, fand aber keinen Abnehmer. Im April 2021 wurde ein weiteres Insolvenzverfahren eröffnet. Verschiedene Investorengruppen zeigten Interesse an der maroden Marke, letztlich wurde SsangYong vom koreanischen Industrie-Konglomerat KG Group übernommen. Der Konzern ist in erster Linie in der Chemie- und Stahlindustrie tätig, über diverse Tochtergesellschaften aber auch in anderen Geschäftsbereichen aktiv.
Die Hoffnung ist gross
Der neue Besitzer setzt nun ganz neu an: Die Marke SsangYong wurde in KGM umbenannt, die Umsetzung bei den Händlern erfolgt allerdings fliessend und soll erst 2025 abgeschlossen sein. Auch in der Schweiz hat sich die Situation verändert: Die Marke wird nicht mehr von der belgischen Alcomotive, sondern von der spanischen Astara importiert, dem drittgrössten Autoimporteur des Landes. Gleichzeitig gibt die neue Marke KGM nun auf der Produktseite Gas- und zwar mit modernen Elektroautos. Das erste dieser neuen E-Modelle, das unter dem neuen Markennamen lanciert wird, ist der Torres EVX, ein Mittelklasse-SUV mit auffälligem Design und spannenden Attributen. Die Hoffnungen in dieses Modell sind gross. «Dieses Fahrzeug symbolisiert nicht nur unseren technologischen Fortschritt, sondern auch unsere Entschlossenheit, KGM in der Schweiz als solide Marke aufzubauen-mit modernen Fahrzeugen und einem starken Händlernetz», sagt Marc Brunner, Markenchef von KGM Schweiz. Hilfreich dabei ist sicher die erweiterte Garantie auf sieben Jahre/150000 Kilometer. Für den Akku garantiert KGM gar eine Million Kilometer oder 10 Jahre.
Technisch basiert der Torres EVX auf dem bereits erhältlichen Torres mit Verbrennungsmotor - die Elektrovariante ist aber eigenständig gestaltet.
Knackpunkt Preis
Der Innenraum ist ansprechend gestaltet. Das Cockpit wirkt zeitgemäss, mit einem freistehenden Bildschirmelement aus zwei 12,3-Zoll-Displays, das sich hinter dem Lenkrad bis über die Mittelkonsole erstreckt. Raum gibt es im 4,78 Meter langen SUV in Hülle und Fülle, sowohl auf beiden Sitzreihen wie auch im Kofferraum mit 703 Litern Volumen. Im Fahrzeugboden ist die Lithium-Eisen-Phosphat-Batterie von BYD mit einer Kapazität von 73 kWh verbaut, die eine Normreichweite von 462 Kilometern ermöglichen soll. Sie treibt einen E-Motor mit 152 kW/207 PS an und kann mit bis zu 140 kW (DC) respektive 11 kW (AC) geladen werden.
Auf der ersten Probefahrt kämpfte der nur als Fronttriebler erhältliche Torres EVX aus den Kurven etwas um Traktion und polterte zuweilen über die Unebenheiten der sehr schlechten Strassen um Istanbul. Kein ideales Geläuf für den Elektro-SUV. Ansonsten fährt sich der Koreaner ganz manierlich, wankt nicht unangenehm, lenkt einigermassen gefühlvoll und verwöhnt die Passagiere mit umfangreicher Ausstattung. Ob das reicht, um die neue Marke KGM aus der früheren Misere zu hieven, wird man sehen. Hilfreich wäre ein starker Preis - darum kämpft der Schweizer Importeur noch mit dem Werk in Korea. Der Einstieg dürfte aber wohl bei rund 44000 Franken liegen.
Chris Kutter