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Nicht einmal die Ständeräte Daniel Jositsch (SP) und Ruedi Noser (FDP) können sich ihrer Wiederwahl sicher sein.
Matthias Scharrer
Die Vorzeichen für das Wahljahr 2019 waren im Kanton Zürich überdeutlich: Bei den kantonalen Wahlen im Frühling legten die Grünliberalen und die Grünen jeweils um rund fünf Prozentpunkte zu. Alle anderen Parteien – ausser der in Bundesbern nicht vertretenen AL – verloren Wähleranteile. Am härtesten traf es die SVP, gefolgt von der FDP.
Entsprechend wittern jetzt die Zürcher GLP und die Grünen auch im Hinblick auf die eidgenössischen Wahlen Morgenluft. Selbstbewusst haben sie mit Nationalrats-Fraktionschefin Tiana Angelina Moser (GLP) und Kantonalparteipräsidentin Marionna Schlatter (Grüne) namhafte Ständeratskandidatinnen lanciert.
Auch die Frauenfrage stellt sich im Kampf ums Stöckli
Zwar gehen die Bisherigen Daniel Jositsch (SP) und Ruedi Noser (FDP) als Favoriten in den Zürcher Ständerats-Wahlkampf. Doch nebst den Kandidatinnen der GLP und der Grünen ist mit Nationalrat Roger Köppel (SVP) auch die Konkurrenz von rechts nicht zu unterschätzen – obwohl die SVP nach 2003 bei Zürcher Ständeratswahlen erfolglos blieb. Auch die CVP mit Kantonalparteipräsidentin Nicole Barandun und die EVP mit Nationalrat Nik Gugger haben Ständeratskandidaturen lanciert.
Ein zweiter Wahlgang ist daher wahrscheinlich. Sollte Noser wie vor vier Jahren in die zweite Runde müssen, sähe er sich der Konkurrenz von rechts und aus dem Öko-Lager gegenüber. Das könnte eng werden.
Ob Jositsch wie 2015 schon im ersten Wahlgang das absolute Mehr schafft, ist ebenfalls unsicher. Müsste er in Runde zwei, würde die Ausgangslage noch unübersichtlicher. Vermutlich zögen sich Barandun (CVP) und Gugger (EVP) als aussichtsloseste Ständeratskandidaten zurück. Doch wer noch?
2007 liess die SP der GLP den Vortritt. Ob nach einer möglichen Fortsetzung des Grünrutsches ausgerechnet Moser (GLP) oder Schlatter (Grüne) für Jositsch zurückständen, ist aber fraglich. Umso mehr, als sich nach dem Frauenstreik vom Juni die Frage der Zürcher Frauen-Vertretung im Stöckli verstärkt stellt.
So viel zur Ausgangslage bei den Zürcher Ständeratswahlen. Im Nationalrat sind 35 Zürcher Sitze zu vergeben. Die SVP als grösste Partei stürzte bei den Kantonalwahlen im Frühling von 30 auf 24,5 Prozent Wähleranteil ab. Daher wäre schon die Wiederwahl ihrer elf erneut antretenden Nationalratsmitglieder für die SVP als Erfolg zu werden. Nicht mehr ins Rennen geht Hans Egloff, derzeit einziger Limmattaler Nationalrat. Erster Kandidat für seine Nachfolge ist gemäss SVP-Wahlliste Kantonsrats- Fraktionschef Martin Hübscher. Auf Listenplatz 15 kämpft zudem alt Nationalrat Christoph Mörgeli um seine Rückkehr ins Bundeshaus.
Die SP als zweitstärkste Zürcher Partei hat acht Nationalratsmitglieder, die wieder antreten. Zudem gilt es, den Sitz des kürzlich zur GLP gewechselten Daniel Frei zurückzuholen. Von den neuen SP-Kandidaten hat die Stadtzürcher Kantonsrätin Celine Widmer mit Listenplatz 8 die besten Wahlchancen. Eng werden könnte es für SP-Nationalrat Martin Naef, der einen Listenplatz hinter Widmer um seine Wiederwahl kämpft.
Bei der FDP treten die fünf bisherigen Zürcher Nationalratsmitglieder wieder an. Relativ unbesorgt dürften Doris Fiala, Hans-Peter Portmann, Fraktionschef Beat Walti und Regine Sauter der Wahl entgegenblicken. Knapper könnte es für Gewerbeverbandschef Hans-Ulrich Bigler, den Fünftplatzierten auf der FDP-Wahlliste werden, falls der Grünrutsch vom Frühling andauert.
Grünliberale wollen sich erneuern
Darauf hofft die GLP. Von ihren derzeit vier Zürcher Nationalratsmitgliedern treten zwei wieder an: Parteigründer Martin Bäumle und Fraktionschefin Tiana Moser; Letztere auch als Ständeratskandidatin. Thomas Weibel und SP-Überläufer Frei stellen sich nicht mehr zur Wahl. Für ihre Nachfolge sind primär Kantonalpartei- Co-Präsidentin Corina Gredig und Kantonsrat Jörg Mäder in den Startlöchern, der als Regierungsratskandidat im Frühling einen Achtungserfolg erreichte. Falls die GLP Freis Sitz halten kann, wäre dies gegenüber 2015 ein Sitzgewinn für sie.
Auf zumindest einen Sitzgewinn hoffen auch die Zürcher Grünen. Sie haben deshalb noch vor den beiden Bisherigen, Fraktionschef Balthasar Glättli und Bastien Girod, zwei Frauen auf ihrer Nationalrats- Wahlliste platziert: alt Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber und Marionna Schlatter, die zudem für den Ständerat kandidiert.
Speziell ist auch die Ausgangslage bei der Zürcher CVP, die aktuell zwei Nationalratssitze hat. Philipp Kutter ist als Bisheriger auf Platz 1 gesetzt. Doch die langjährige CVP-Nationalrätin Kathy Riklin fand auf der CVP-Wahlliste keinen Platz. Stattdessen kämpft der Dietiker Kantonsrat Josef Wiederkehr auf Listenplatz 2 um den Einzug in den Nationalrat. Und Riklin probiert es auf der Liste der Christlichsozialen Vereinigung. EVP und BDP schliesslich setzen primär darauf, ihren jeweiligen Zürcher Nationalratssitz zu verteidigen. Der EVP-Sitz gilt als stabil, während jener der BDP wackelt. Bleibt noch die EDU: Ein Sitzgewinn durch die seit 2007 nicht mehr im Nationalrat vertretene Kleinpartei käme überraschend.
Spezielle Köpfe im Zürcher Wahlkampf
Nach seiner Nicht-Wiederwahl als Nationalrat 2015 will es Christoph Mörgeli noch einmal wissen. Die SVP gab ihm mit Listenplatz 15 allerdings nicht die besten Voraussetzungen.
Ständerat Daniel Jositsch ist einer der letzten namhaften Vertreter des linksliberalen Flügels der Zürcher SP. Sein Wahlresultat könnte richtungsweisend für die Partei werden.
Andri Silberschmidt ist als Präsident der Jungfreisinnigen eine der wichtigsten Nachwuchshoffnungen der FDP. Er rangiert auf Platz 8 der Zürcher FDP-Liste – mit mässiger Wahlchance.
Corina Gredig ist die Senkrechtstarterin der Zürcher GLP: Ende 2018 wurde sie Parteipräsidentin, im Frühling Kantonsrätin. Nun steht die 32-Jährige auf Platz 3 der Wahlliste.
Mit Peter Stamm ist auf der Liste der Grünen ein bekannter Schweizer Schriftsteller zu finden. Allerdings ganz am Ende der Liste, sodass seine Wahlchancen nahe bei null sind.
Kathy Riklin ist seit 1999 CVP-Nationalrätin. Lange genug, fand ihre Partei und setzte sie nicht mehr auf die CVP-Wahlliste. Nun tritt Riklin für die Christlichsoziale Vereinigung an.