Jolanda Steiner macht professionelles Erzähltheater und ist schweizweit als Märchenerzählerin bekannt. Sie ist also Fachfrau,wenn es um Geschichten, Märchen und Theaterstunden geht, und verrät unter anderem, weshalb sie sich als «Märchenreisebegleiterin» sieht.
Warum ist die Adventszeit besonders geeignet, um mit dem Nachwuchs ein Kinderstück zu besuchen?
In der Adventszeit wird es zeitig dunkel und seit jeher sitzt man an diesen langen Winterabenden gerne zusammen in der warmen Stube. Früher, als es noch keine Medien gab, erzählten sich die Erwachsenen spontan Geschichten. Man sass am Webstuhl oder Stickrahmen, auf dem warmen Kachelofen oder am Tisch an einer Handarbeit. Auch Kinder hörten zu. Die Märchen und Sagen waren jedoch nicht explizit für sie gedacht.
Erzählen und Zuhören ist bis heute ein zwischenmenschliches Erlebnis. Und dieses kann nur dann entstehen, wenn man genügend Zeit dafür hat bzw. sich diese nimmt. Vielleicht einer der Gründe, weshalb die Erwachsenen während der hektischen Zeit vor Jahresende sich bewusst Zeit nehmen und mit den Kindern einen stimmungsvollen Anlass besuchen. Das Schöne daran: Die Erwachsene tauchen ebenfalls in die Märchenwelt ab und sind entspannt.
Warum ist es wichtig, Kindern den Zugang zu Theatern und Märchen zu ermöglichen?
Trotz verschiedensten digitalen Programmangeboten, oder vielleicht gerade deshalb, geniessen Familien Liveaufführung. Es ist die Nähe, die Stimmung, man wird ins Geschehen interaktiv einbezogen und fühlt sich mittendrin. Während ein Theaterstück über die Bühne geht, ist das Publikum gemeinsam mit mir auf einer Erlebnisreise. Und dieses gemeinsame Erleben kann kein Bildschirm ersetzen. Während der Coronazeit habe ich ebenfalls Streaming-Aufführungen mitgestaltet. Doch ich spürte sehr bald: Das ist nicht mein Ding. Was mich interessiert, ist die Spontaneität und unmittelbare Reaktion des Publikums. Zu dem bin ich überzeugt, dass Kinder dieses Gefühl von «zusammen sind wir mutig und stark», wenn es in der Story allzu spannend wird, nur während eines live gespielten Kinderstücks erleben.
Worauf geben Sie als Künstlerin besonders acht, wenn Sie eine Vorstellung planen?
Ich stelle mir die Frage, ob mich das, was ich auf die Bühne bringe, ansprechen und berühren würde, sässe ich im Publikum. Ich sehe mich als Werkerin, weniger als Künstlerin. Ich bin eine Art «Märchenreisebegleiterin», bereite alles professionell und bis ins letzte Detail vor. Nur so bin ich während der Vorstellung ganz beim Publikum, kann frei agieren, reagieren und improvisieren.
Wie können Eltern ihre Kinder auf eine Aufführung vorbereiten?
Gerade diese Woche habe ich beim Einlass zur Aufführung im Planetarium, wo ich zurzeit mit Musikern auftrete, gehört, wie eine Mutter ihrem Kind erklärte, dass es im Raum sehr dunkel werden wird, damit man die Sterne gut sieht und alles ganz zauberhaft wirkt. Und falls es während der Geschichte es «bitzli gfürchig» werde, seien sie und viele andere da und am Schluss komme eh alles gut, niemand müsse sich fürchten. Ich sah, wie das Kind strahlte und voller Freude Platz nahm. Die Mutter hat sachlich und gleichzeitig sehr wohlwollend vorbereitet. Mehr braucht es nicht.