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Weil Links-Grün im Kanton Luzern zulegen dürfte, zittern die beiden grössten Parteien.
Lukas Nussbaumer
Die Nationalratswahlen im Kanton Luzern versprechen Spannung pur – aus drei Gründen. Erstens stehen dem grössten Zentralschweizer Kanton in der neuen Legislatur nur noch neun Sitze zu – und alle bisherigen zehn Amtsträger treten wieder an. Zweitens haben Grüne, SP und Grünliberale bei den Kantonsratswahlen im Frühling massiv zugelegt, während SVP, CVP und FDP starke Einbussen hinnehmen mussten.
Drittens kommt der grosse Schulterschluss in der Mitte zwischen CVP, FDP, BDP und EVP heuer nicht zustande. Die EVP steigt alleine in die Nationalratswahlen, die BDP verzichtet gar auf eine Teilnahme. Obwohl die beiden Kleinparteien 2015 zusammen bloss auf einen Anteil von 2 Wählerprozenten kamen (siehe Grafik), retteten sie damit der CVP den dritten Sitz. Um den dritten Sitz ging es vor vier Jahren auch bei der SVP: Sie konnte dieses Mandat auf Kosten der GLP gewinnen, die ihren 2011 gewonnenen Sitz – damals zu Lasten der SVP – nach nur vier Jahren und trotz geringer Einbussen wieder abgeben musste.
Gmür und Grüter wollen in den Ständerat wechseln
Zehn Bisherige und nur noch neun Sitze legen den Schluss nahe, dass am 20. Oktober mindestens eine Person abgewählt wird. Das kann, muss aber nicht geschehen. Sowohl Andrea Gmür-Schönenberger (CVP) als auch Franz Grüter (SVP) kandidieren nämlich auch für den Ständerat. Mit besseren Chancen für Gmür, die ihren abtretenden Parteikollegen Konrad Graber beerben will und dies dank der Unterstützung der FDP auch schaffen sollte (siehe Kasten). Gelingt Gmür der Wechsel in die kleine Kammer und wird Grüter im Nationalrat genauso bestätigt wie alle anderen Bisherigen, gibt es keine Abwahl.
Wahrscheinlichstes Szenario ist jedoch ein anderes: Der aus SP, Grünen und GLP bestehende Links-Grün-Block legt um eines auf drei Mandate zu, CVP und SVP verlieren je eines, die FDP kann ihre beiden Sitze verteidigen. Dann stellt sich die Frage, wer von den drei SVP-Nationalräten Felix Müri, Yvette Estermann und Franz Grüter über die Klinge springen muss. Eine Prognose ist äusserst schwierig, weil die drei SVP-Nationalräte vor vier Jahren ähnlich viele Stimmen holten – mit leichten Vorteilen für Estermann und Müri, die im Gegensatz zu Grüter als langjährige Bisherige in die Wahlen steigen konnten.
Kampf im links-grünen Lager um den dritten Sitz
Offen ist auch, wer von einem Sitzgewinn im links-grünen Zusammenschluss profitieren würde. Holt die SP erstmals in ihrer Geschichte zwei Nationalratssitze? Oder feiern die Grünliberalen nach dem erstmaligen Gewinn eines Mandats in der grossen Kammervor acht Jahren ein Comeback? Lachen am Ende gar die Grünen, die bei den kantonalen Wahlen im Frühling im links-grünen Lager am stärksten zulegen konnten?
Sicher ist im Kanton Luzern eines: Die CVP als grösste Partei versucht mit allen Mitteln, ihr drittes Mandat zu retten. So tritt sie mit einer Haupt- und sieben Unterlisten an – für Luzern ein Rekordwert. Mit dieser Taktik wollen die CVP-Strategen jene Stimmenkompensieren, die wegen des Verzichts von BDP und EVP auf eine Listenverbindung wegfallen.
Offensichtlich ist auch das Bemühen, nicht einfach Dutzende von Kandidaten zu portieren, sondern klangvolle Namen. Das ist der CVP-Leitung für den Grossteil der Listen gelungen. FDP und SVP dagegen bekundeten deutlich mehr Mühe, zugkräftige Personen zu einer Kandidatur zu bewegen, auch wenn die Ausgangslage die gleiche war: Alle Bisherigen treten erneut an, was die Wahlchancen für neue Kandidaten erschwert.
Diese sechs Luzerner Köpfe geniessen besonders hohe Aufmerksamkeit
CVP-Nationalrätin Andrea Gmür-Schönenberger will in den Ständerat – und kandidiert gleichzeitig für die grosse Kammer, wo ihre Partei einen Sitz einbüssen könnte.
SVP-Nationalrat Franz Grüter führt den gleichen Plan aus wie Andrea Gmür: Mit einer Doppelkandidatur versuchen, die drohende Abwahl aus dem Nationalrat zu verhindern.
Es wäre ein spektakuläres Comeback: Der 2015 abgewählte GLP-Nationalrat Roland Fischer kandidiert erneut – und hat dank dem Hoch seiner Partei intakte Chancen, gewählt zu werden.
SP-Präsident David Roth kandidiert wie Gmür und Grüter für den National- und Ständerat. Holt seine Partei zwei Mandate in der grossen Kammer, hat der frühere Juso-Präsident gute Chancen.
Auch die frühere SP-Fraktionschefin Ylfete Fanaj ist eine heisse Anwärterin auf einen Nationalratssitz, wenn ihre Partei zwei Sitze gewinnt. Sie lag 2015 nur knapp hinter Parteifreund Roth.
Obwohl der grüne Nationalrat Michael Töngi auf den Bisherigen- Bonus zählen kann, dürfte die als Regierungsratskandidatin überzeugende Korintha Bärtsch ein sehr gutes Resultat erzielen.
Grosskampf um Sitz von Graber
Ständerat Ganz sicher zu einem Wechsel der Luzerner Bundeshausvertretung kommt es im Ständerat. CVP-Schwergewicht Konrad Graber hört nach zwölf Jahren auf. Der erst vor vier Jahren gewählte FDP-Mann Damian Müller dagegen kandidiert für eine zweite Amtsperiode. Seine Bestätigung dürfte unbestritten sein. Müller war vor vier Jahren mit 31 Jahren der jüngste Ständerat des Landes; er folgte auf das freisinnige Urgestein Georges Theiler, der vor seiner einzigen Legislatur als Ständerat 16 Jahre im Nationalrat politisiert hatte.
Um den Luzerner CVP-Sitz in der kleinen Kammer duellieren sich aber nicht nur die Nationalräte Andrea Gmür und Franz Grüter, sondern auch SP-Präsident David Roth sowie Monique Frey und Michèle Graber, die Fraktionschefinnen von Grünen und GLP im Kantonsrat. Alle drei Kandidaten von Links-Grün treten auch auf den Nationalratslisten ihrer Parteien an.
Zweiter Wahlgang ist wahrscheinlich
Dass die Tradition der Luzerner CVP- und FDP-Vertretung im Stöckli am 20. Oktober endet, ist trotz der prominenten Mitkandidaten nicht anzunehmen. So haben sich die beiden grossen Mitteparteienwie schon bei den letzten Wahlen die gegenseitige Unterstützung zugesichert und treten auf einer gemeinsamen Liste an. Dennoch ist es sehr wahrscheinlich, dass es wie fast immer im Kanton Luzern zu einem zweiten Ständeratswahlgang kommt. Dieser ist auf den 17. November terminiert. (nus)