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Tiny Houses – Grosse Freiheit auf kleinem Raum

Tiny Houses – Grosse Freiheit auf kleinem Raum

Viel Holz und Glas prägen das Innere in Tanja Schindlers Minihaus. Die Wände sind aus Lehm, die Möbel lassen sich je nach Bedarf für unterschiedliche Zwecke einsetzen. FOTO: EVELINE BEERKIRCHE

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In den USA längst zum Trend geworden, gibt es auch in der Schweiz erste Minihäuser. So gross wie ein Lastwagenanhänger, bieten die sogenannten Tiny Houses kompaktes und vor allem günstiges Wohnen. Doch die Hürden bis zum Mini-Eigenheim sind hoch.

Von Andreas Bättig 

Exakt 35 Quadratmeter stehen Tanja Schindler in ihrem Minihaus in Altdorf im Kanton Uri zur Verfügung. Das klingt nicht nach sonderlich viel. Doch 35 Quadratmeter können eben entweder eine kleine und dunkle Einzimmerwohnung irgendwo in der Agglomeration sein oder wie bei Tanja Schindler ein helles, geräumiges und gemütliches «Tiny House».


Zwar hat dieses Haus die Form einer Box, steht man jedoch drinnen, ist man überrascht, wie gross der Raum wirkt. Dank der zweieinhalb Meter hohen Decke hat man nicht das Gefühl, in einem Wohnwagen zu sein. Mit ihrem «Ökominihaus» hat sich Tanja Schindler einen Traum verwirklicht – und sie liegt mit diesem Traum im Trend. Dass bei Häusern grösser nicht gleich besser ist, finden nämlich immer mehr Menschen. In den USA gibt es seit Jahren das sogenannte «Small House Movement». Ziel der Bewegung ist, dass durch «Downsizing », also durch «Kleinermachen» der Häuser, sich mehr Leute eigenen Wohnraum leisten können. In der Schweiz gibt es allerdings erst wenige solcher Minihäuser. Tanja Schindlers Wohnbox gehört zu den Pionierobjekten hierzulande.
  

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Behörden überfordert

Schon als Kind habe sie der Bahnwagen fasziniert, in dem der Lehrer des Kultfilms «Das fliegende Klassenzimmer» wohnte, erzählt Schindler. Doch der Weg zu ihrem heutigen Traumhaus war steinig. Denn für die Schweizer Bürokratie sind Minihäuser etwas Neues – und wer solche Häuser bauen will, muss alle Auflagen erfüllen und Bewilligungen haben, die es auch für den Bau gewöhnlicher Häuser braucht. «Viele Behörden sind vom Wohnkonzept Minihaus überfordert und sagen zuerst einfach mal Nein», fasst die 50-Jährige ihre Erfahrungen zusammen. Ein Beispiel: Sie musste einen teuren Kanalisationsanschluss anbringen lassen, obwohl ihr Minihaus über ein biologisches WC verfügt, bei dem der Urin, verdünnt mit Wasser, für den Rasen verwendet wird und die «Feststoffe» kompostiert werden. Schwierig sei auch, bei Banken einen Kredit für ein solches Minihaus zu bekommen. Alles in allem kostete Tanja Schindlers Haus rund 250 000 Franken. Dieses Geld von Banken als Hypothek zu erhalten, sei mit grossem Aufwand und viel Überzeugungsarbeit verbunden. Offiziell heisse es, dass ein Minihaus nicht als Sicherheit dienen kann, da es jederzeit abtransportiert werden könne, sagt Tanja Schindler. «Ich glaube aber eher, dass die Banken an Krediten für solche Wohnprojekte einfach zu wenig verdienen.»
   

Möbel sind multifunktional

Das Minihaus in Altdorf ist ein Pilotprojekt, finanziert durch Darlehen von Familie und Freunden sowie durch Materialsponsoring. Mit dem Ergebnis ist die Baubiologin zufrieden. Die Wände sind aus Lehm, der die Wärme des Ofens im Winter speichert und Feuchtigkeit aufnimmt. Schindler heizt mit einem Holzofen, produziert selber mit Solarpanels Strom, der Boden und die Möbel sind aus naturbelassenem Holz. Damit der Platz optimal ausgenutzt wird, ist vieles multifunktional, so können Hocker etwa zu Ablageflächen umfunktioniert werden.
   

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Ihren Arbeitsplatz kann Tanja Schindler in einer Nische in der Wohnzimmerwand schnell hinter einem Vorhang verbergen, falls Besuch kommt. Dann zieht sie auch ihren verlängerbaren Tisch aus, an dem bis zu sechs Personen sitzen können. «Jeder Quadratmeter soll optimal ausgenutzt werden. Nur so lässt sich Platz sparen», sagt Tanja Schindler. Wichtig seien auch die grossen Glastüren, die den Blick auf ihren Garten, die Terrasse und in die Natur ermöglichen. Schliesslich gehe es bei ihrem Minihaus darum, wieder harmonisch mit und in der Natur zu leben. «All die verwendeten Rohstoffe sind nachhaltig», sagt Schindler. Doch trägt ein solches Minihaus nicht dazu bei, die Landschaft noch mehr zu zersiedeln? Und verhindert es nicht verdichtetes Bauen? Diese Einwände hört Tanja Schindler oft. «Minihäuser sind zwar an die Kanalisation angeschlossen, sind grundsätzlich aber mobil. So dienen sie zum Beispiel als Zwischenlösung auf Bauland, das nicht gleich genutzt wird.»
   

Wohnen im Zirkuswagen

Auch Kevin Rechsteiner hat sich seinen Traum vom Tiny House erfüllt. Er wohnt in einem umgebauten ehemaligen Zirkuswagen in Schaffhausen. Insgesamt 20 Quadratmeter misst sein Eigenheim. Der 36-Jährige hat das Innere des Wagens selbst komplett umgebaut. Ein Jahr und ungefähr 40 000 bis 50 000 Franken hat der IT-Spezialist dafür investiert. «Nachdem ich mit meiner Freundin in einem VW-Bus zweieinhalb Monate in den USA unterwegs gewesen war, merkte ich, dass ich gar nicht viel Platz zum Leben brauche», sagt Rechsteiner. Also machte er sich auf die Suche nach einer Möglichkeit, um auf möglichst kleinem Raum wohnen zu können. «Der Zirkus Pipistrello hat von meinem Vorhaben erfahren und stellte mir einen Zirkuswagen als Grundgerüst zur Verfügung.» Seit dem Umbau lebt Rechsteiner das ganze Jahr über in seinem Tiny House – alleine. «Meine Freundin ist zurzeit in Norwegen. Zu zweit wäre es hier sicher sehr eng», erklärt er. Der umgebaute Zirkuswagen, in dem weder WC noch Dusche fehlen, steht auf dem Hof eines Freundes. Rechtlich sei das laut Rechsteiner eine Grauzone. «Das ist das grösste Problem der Minihäuser in der Schweiz. Die Behörden kennen sich damit nicht aus.» Damit sich das in Zukunft vielleicht ändert, haben Tanja Schindler und Kevin Rechsteiner sowie weitere Minihaus-Besitzer einen Verein gegründet. «Das Bedürfnis nach solchen Wohnformen wächst. Hoffentlich wird es bald einfacher, in einem Tiny House wohnen zu können», sagt Rechsteiner.

Mehr Informationen über die Tiny-House-Szene in der Schweiz gibt es unter: www.kleinwohnformen.ch
 

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